Auslöser unserer Fraktionsinterpellation vom 30.10.2018 war die Rorschacher Strasse. Bäume sollten vermehrt unser Strassen- und Platzbild prägen. Umso mehr empfinden wir den Totalverzicht auf jegliches Grün entlang der Rorschacher Strasse zwischen Krontalplatz und Neudorfplatz als stossend. Zwar hat die Bauherrschaft des Geschäftshauses Rorschacher Strasse 226 in den Visualisierungen vor Baubeginn Bäume eingezeichnet, gepflanzt wurde diese jedoch nicht. Auch sonst fehlt hier jeglicher Grün. Die Vorplätze dieser Liegenschaft wie auch jene der Neuapostolischen Kirche wurden asphaltiert und mit Beton-Sitzgelegenheiten aus dem Katalog versehen. Unschön.
Tristess: Rorschacher Strasse ohne Grün
Der Wert von schattenspendenden Bäumen wird unterschätzt. Oft ist bei Platz-, Park- und Strassensanierungen von «Erstpflanzungen» die Rede. Dabei sind kleine Frischlinge effektiv kein Ersatz für einen 50 oder mehr Jahre alten Baum. Die Bäume rund um das Vadian-Denkmal wurden bei der letzten Platzsanierung vor ca. 20 Jahren gepflanzt. Langsam erreichen sie eine Grösse, welche Schatten wirft und auch fürs Auge etwas hergibt. Bis Jungbäume ihre Wirkung entfalten, dauert also eine Generation.
Das Entfernen der Bäume bzw. das Pflanzen von «Ersatz» war massgeblich ein Kriterium für das Nein zur Marktplatzvorlage 2011. Als bei der Rorschacher Strasse im Zusammenhang mit der Anpassung der Bushaltestelle Kantonsspital und dem bevorstehenden Ausbau der Frohbergstrassenkreuzung das Gerücht von der Fällung aller Bäume dieser Allee die Runde machte, löste dies einen breiten Unmut aus.. Auch wenn diese Rodung zu keinem Zeitpunkt beschlossen war, ist die Idee nachvollziehbar, denn Bäume dieser Grösse benötigen ständige Pflege , um Strasse und Busleitungen nicht zu gefährden. Das kostet. Doch das sollten uns Bäume wert sein. Dass über eine flächendeckende Fällung nachgedacht wurde, wäre daher nachvollziehbar.
Wären andere Begrüngsmassnahmen denkbar? Wäre es denkbar, dass für die (Um)-Gestaltung von Strassenräumen die Pflanzung von Bäumen in die Norm aufgenommen würde, wie dies in Zürich der Fall ist? Denkbar wäre für eine Baumreihe seitlich, dazwischen öffentliche Parkfelder. Im Gegensatz zum Stadtzentrum, wo Parkplätze genügend vorhanden sind, fehlen diese entlang der Ausfallachsen oft. Doch gerade an diesen Strassen befinden sich oft Fachgeschäfte mit regionaler oder gar überregionaler Ausrichtung. Diese sind in grösseren Mass auf Parkiermöglichkeiten für ihre Kunden angewiesen.
Thomas Brunner zum Thema mehr vertikales Grün im Stadtparlament
Geht es um die Erhaltung der Pärke und um die Pflege des allgemeinen städtischen Baumbestands, so kann der Stadt nur Lob ausgesprochen werden. Eine Sensibilität ist spürbar, auf Baumpflege wird Wert gelegt. Doch im Zusammenhang mit Umgestaltungen wird die Option von «Ersatzpflanzungen» zu schnell in Erwägung gezogen. Dabei wird ausser Acht gelassen, dass ein Baum mindestens 20 Jahre braucht, um einigermassen als Ersatz bezüglich Beschattung und Bild zu gelten. Darum sollte auch der Wert von Bäumen erhöht werden, denn während ein Gebäude, zugegebenermassen durch hohe finanzielle Mittel, identisch wiederaufgebaut werden kann, ist dies bei Bäumen nicht möglich. Darum sollte der Schutz von Bäumen generell erhöht werden, was auch eine höhere Bestrafung bei bei Tätlichkeiten, wie dies kürzlich bei der Kapflinde geschehen ist, dagegen gilt.
Schutz von Bäumen. Anstatt von «Ersatzpflanzung» sollte von «Nachfolgepflaunzung» die Rede sein. Schattenplätze unter Bäumen sind im Sommer begehrt. Mit dem Klimawandel wird die Nachfrage noch steigen. Wie lange soll der Schatten der Bäume auf dem Schibenertorplatz noch den parkierenden Autos vorbehalten sein? Oder einem Abfallcontainer, wie auf dem Marktplatz?
Mehr Bäume oder überhaupt Bäume- und Grünpflanzungs-Verpflichtung für Private. Wie könnte das Ziel, mehr Baumpflanzungen auf privaten Flächenmit einer möglichst liberalen Regelung ausgestaltet sein, ist dies doch eigentlich widersprüchlich? Könnten Private zur Pflanzung ermuntert werden, wenn die Stadt bzw. das Gartenbauamt die Pflege und den Unterhalt übernimmt? Was würde das die Stadt kosten?
Thomas Brunner: "Es gehe schlussendlich schlicht um den Schutz der Menschen, welche unter dem Klimawandel leiden würden. Zwei Hinweise: Begrünte Dächer müssen nicht zwingend nur Flachdächer sein. Und Vertikalbegrünungen sind nicht nur bei Mauern möglich, sondern z.B. auch bei Strassenbeleuchtungen o.ä. Es gibt noch diffuse Ängste bei dieser Thematik, auch habe die öffentliche Hand in ihrer Vorbildfunktion bisher versagt."
Grünliberale Fraktionsinterpellation im Wortlaut
Im Fall der Rorschacher Strasse
Die Strasse weist noch aus der Zeit der 1970er-Jahre eine Überbreite auf.
Wäre es denkbar, die nicht benötigten Strassenflächen, z.B. der Mittelstreifen im Bereich der oben erwähnten Liegenschaften oder auch beim Grossacker mit Bäumen aufzuwerten? Dass dies verkehrstechnisch möglich ist, zeigt das Beispiel der Hauptstrasse in Staad Richtung Osten, welche nicht weniger verkehr aufweist. Einziges Hindernis könnten Leitungen darunter sein.
Die Rorschacher Strasse unten im Ist-Zustand, oben mit einer mittleren Baumreihe.
Si sieht die Rorschacher Strasse heute aus: eine wahre Hitzeinsel
Auch Private sind aufgerufen, ihre Bereiche mehr zu begrünen
Baum-, Garten- oder sonstiger Grünunterhalt kostet. Manch ein Liegenschaftbesitzer verzichtet daher auf Bepflanzungen seiner Vorgärten, wie diese beiden besonders abschreckenden Beispiele zeigen:
Die Neuapostolische Kirche hat ihren "Vorgarten" sogar versiegelt. Betonbänke sollen die Tristesse etwas auflockern.
Kies lässt wenigstens Wasser durch. Vorgärten bei Neubauten an der Heiligkreuzstrasse.
Es geht auch anders
Milano
Eine stark begrünte Terrasse: MiCo Milano Convention Center
Bosco Verticale, Milano. In diesem Fall ist der Pflegeaufwand tatsächlich nicht gering.
Flächen möglichst nicht versiegeln
Ungebundene Pflästerungen sind aus ökologischen und auch ökonomischen Gründen klar zu bevorzugen. Leider wurden fast alle neuen Gassenpflästerungen in den vergangenen Jahren gebunden und somit versiegelt ausgeführt.
Dass es auch bei grossen Belastungen anders geht, zeigen folgenden Beispiele:
Berlin (DE), genormter Belag der Trottoirs aus Platten und Pflästerung, ungebunden
Berlin (DE), Alexanderplatz, grossformatige Betonplatten, ungebunden
Votum von Thomas Brunner zur Pflästerung der Metzgergasse im Stadtparlament
Strasbourg (FR), Place Kléber
Roma (IT), Via dei fori imperiali
Roma (IT), Piazza Navona
Dubrovnik (HR), Stradun
Vilnius (Litauen), Rotušės aikštė (Rathausplatz)
Cape Town (Südafrika), Victoria & Alber Waterfront
Wasser kühlt
Waldhsut (DE). Hier wurden bewusst offene Kanäle angelegt, in denen kühles Wasser durch die Gasse fliesst. Ähnliches gibt es auch in Arbon oder in Bern
Bern, Kramgasse
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Waldshut